Dienstag, 24. September 2013

Was bleibt...




… sind die Erinnerungen, meine hier gesammelten Lebenserfahrungen.

Am Anfang waren da noch positive, die wurden aber von den ganzen negativen Erfahrungen überlagert und was bleibt sind 1, 2 positive Erinnerungen und ansonsten: Leid, Missgunst, Nötigung, Warten und Hoffen.

Ich würde niemals sagen, dass ich nicht hätte herkommen sollen. Gerade weil ich hier fünf Jahre lang gelebt habe, weiß ich nun die Dinge, die ich in Deutschland damals zurückgelassen habe, zu schätzen.

Alles hat für mich einen neuen Wert bekommen. Ein Außenstehender, der diese Erfahrungen nie gemacht hat, wird mich nicht verstehen können.

Nach Hause zu gehen, bedeutet für mich, in ein sicheres, gut gepolstertes, warmes und sehr helles, gemütliches Nest zu fallen.

In Deutschland lässt einen niemand alleine. Wir Deutsche, können uns glücklich schätzen, und stolz darauf sein, dass wir ein gut funktionierendes soziales System haben, auch wenn viele immer nur darüber meckern. Erst wenn du erfahren hast, wie es ist, nicht die Möglichkeit zu haben, wenn du krank bist, morgens den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und den Arzt deines Vertrauens anzurufen, dann wirst du es zu schätzen wissen. Oder wenn du arbeitslos wirst und da ist… nichts. Oder erst zu wenig und dann nichts.

Unvorstellbar wäre es früher für mich gewesen, einen Winter ohne Heizung überleben zu müssen. Ich habe es aber geschafft.
Und es war so kalt, dass ich drei Monate lang meinen weißen Atem in meiner Wohnung gesehen habe. So bitterkalt, dass ich freiwillig ins Büro gefahren bin, weil ich es zu Hause vor Kälte nicht aushalten konnte. Selbst das Öl in der Flasche ist ganz hart geworden. Aber ohne dass es im Kühlschrank stand.

Im Sommer das genaue Gegenteil: wie im Kamin, 2 Monate lang konnte ich nicht drinnen sitzen, Raumtemperaturen zwischen 35 und 40 Grad. Das Dach hatte keine Isolierung. So etwas dürfte in Deutschland nicht mal vermietet werden, geschweige denn, dass so was überhaupt erst gebaut würde. Jedenfalls nicht als Behausung für Menschen. Hier ist so was normal. Die Standards sind eben andere.

Das habe ich vorher nicht gewusst!! Und niemand hat es mir gesagt. Das Dach war alt, nicht isoliert und durchlässig. Bei Regen bildeten sich so immer nasse Flecken und Schimmel an den Wänden.

Ich habe das Rauchen aufgegeben. Das wenige Geld, das ich hier verdiene, hat einfach nicht mehr gereicht. Und obwohl das ewige wenige für mich natürlich ganz klar eine negative Erfahrung ist, so ziehe ich dennoch Positives daraus. Ich habe gelernt, mit wenig auszukommen. Ich weiß, was wirklich wichtig ist. Und ich habe es geschafft, mit dem Rauchen aufzuhören.

Ich musste ein Jahr lang in einer Wohnung leben, in der es Kakerlaken gab. Die lebten und vermehrten sich in der warmen Garage nebenan. Der Vermieter lebt in Florida. Man konnte nicht viel dagegen tun. Außer wieder ausziehen, was ich dann auch getan habe.
Bevor ich herkam kannte ich Kakerlaken nur vom Hörensagen.

Es ist ein Wunder, dass ich noch nicht im griechischen Straßenverkehr ermordet wurde!
Hier gibt es keine Gesetze: die Hälfte aller Autos hat nicht einmal eine Versicherung, oder eine TÜV Plakette. Das kümmert hier aber niemanden. Die Polizei auch nicht, denn sonst hätte sie ja wohl schon etwas dagegen unternommen.
Hier meckern ja immer alle, dass kein Geld in den Kassen ist und es werden die Deutschen für die Krise verantwortlich gemacht. Da frage ich mich, warum niemand den Straßenverkehr mal überwacht? Da wäre eine Menge Geld zu verdienen!! Danach würden nur noch sehr wenige Autos auf den Straßen unterwegs sein, aber der Staat wäre definitiv reicher- und wesentlich sicherer!! Aber die Polizei gehört ja zu den Staatsdienern und die wissen ja bekanntlich nicht, was Arbeit ist.

Man wird genötigt, rechts und links überholt und abgedrängt. Jeder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Rote Ampeln und auch andere Verkehrszeichen werden missachtet. Das ist hier normal. Blinker kennt keiner. Ja der große Witz ist sogar dass der Warnblinker als Parkanzeigeblinker benutzt wird. Und nur als solcher. Wenn das nicht lächerlich – oder sagen wir besser sehr traurig ist?

Ich habe aufgehört zu sagen, dass ich aus Deutschland komme. Oder sagen wir so: ich habe Angst davor zuzugeben, dass ich Deutsche bin.
Könnt ihr jetzt verstehen, warum ich wieder zurück will?

Zu meinen anderen negativen Erfahrungen gehört, dass auf dem Balkon auf einmal eine Ratte zu meinen Füßen saß. Dazu muss man sich anhören: ja, was willst du denn, du lebst eben im Grünen, in der Natur.
Hm… ja, sicher. Nach 8 Monaten Horrorwohnen habe ich es geschafft, umzuziehen.
Die neue Wohnung war viel besser, aber nun hatte ich die Probleme in der Nachbarschaft: der Ort in dem ich wohne besteht zum größten Teil aus sehr ungebildeten Menschen. Meist ohne Schulabschluss. Und die machen Lärm: morgens, mittags und abends. Ohne Rücksicht auf Verluste. Sie halten sich ewig kläffende Hunde und fahren Autos ohne Auspuff. Sie wissen nicht, wie man Kinder erzieht, die Kinder dürfen den ganzen Tag lang draußen rumschreien, wie am Spieß. Musik wird nur laut gehört, so dass alle anderen Nachbarn auch etwas davon haben. Das allergröbste, was ich mal erlebt habe war, dass jemand mit seinem Auto kam, es war 23 Uhr abends, alle Türen aufmachte, die Musik bis zum Anschlag aufdrehte und sein Auto in dieser Position so ca 3 bis 4 Stunden lang stehen ließ.
Es hat – außer mir- niemanden gestört. Ich schlafe grundsätzlich nur mit Ohrenstöpseln, aber dagegen konnten selbst diese nicht mehr helfen. So entwickeln sich Mordgedanken, ganz allmählich, jeden Tag wächst da was in einem heran, dass dem ganzen Volk nur noch alles Schlechte wünschen mag. Dennoch: ich versuche, nicht daran zu denken, sondern, dass es noch maximal fünf Monate für mich hier sind. Noch weitere 5 Monate lang leiden.

Viele traurige und sehr bittere Erfahrungen. Auf manche hätte ich sicherlich gerne verzichtet, dennoch: all meine negativen Erfahrungen haben mich stark gemacht. Noch viel stärker als ich vorher war.

Und ich hoffe, dass mein nächster Post etwas positiver wird. Mein Blog sollte ja eigentlich über meine Handarbeiten berichten. Trotzdem: auch das gehört zu mir, ganz klar und ich hoffe, dass nun jeder besser versteht, was mit mir passiert ist. Demnächst hier also dann ein paar meiner gehäkelten Sachen!!

2 Kommentare:

  1. Sprich dich ruhig aus. Das hilft und zumindest ich höre dir gern zu. Ich kann mir das alles soooo gut vorstellen. Ich kann es riechen und ich kann es hören. Und dieser Satz ist der wichtigste:

    "Ich weiß, was wirklich wichtig ist." - es lebt sich SEHR viel entspannter, wenn man DAS weiß! Die Jahre haben dich stark gemacht, und es wird dir nichts, wirklich nichts mehr etwas anhaben können.

    Liebe Grüße,
    Martina

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    1. danke liebe Martina!! Ich bin froh dich "gefunden" zu haben und freue mich schon darauf, dich deann mal persoenlich kennenzulernen!! Ganz dickes Dankeschoen!! <3 LG!!

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